„Ich will mich wieder zu Hause fühlen“ – Christian Vollmanns Vision für eine Nachbarschaft mit Zukunft

Bild: nebenan.de / JFR Creatives

Nach seinem Umzug kannte Christian Vollmann niemanden in seiner neuen Nachbarschaft. Wie ihm geht es vielen: Die Anonymität nimmt zu und Anschluss in der Fremde zu finden, fällt nicht immer leicht. Christian Vollmann will das mit nebenan.de ändern. Im Video erzählt er, warum er an die Kraft der digitalen Nachbarschaft glaubt.

Vor genau drei Jahren, am 5. Juni 2015, verlässt Christian Vollmann mit seinen fünf Mitgründern freudestrahlend die Räume seines Notars. Gerade hat er die Verträge zur Gründung von nebenan.de unterzeichnet – und damit den Grundstein für ein Unternehmen gelegt, das ihm am Herzen liegt wie kein anderes.

Als Christian Vollmann heute, drei Jahre später im Berliner Büro von nebenan.de auf seinen Bildschirm blickt und die Zahl 850.000 sieht, kann er es selbst kaum glauben: 850.000 Nachbarn sind es, die er mit seinem Startup mittlerweile vernetzt hat. In diese Zahl hat er viel Herzblut, Arbeit und Energie gesteckt – und auch die ein- oder andere schlaflose Nacht.

Wie können Menschen wieder miteinander in Kontakt kommen, statt nebeneinander her zu leben? Was kann ich selbst tun, um etwas in unserer Gesellschaft zu verändern? Diese Fragen sind es, die Christian seit Jahren umgetrieben haben und letztlich den Ausschlag für die Gründung der Nachbarschaftsplattform nebenan.de gaben.

Gründungsteam von nebenan.de (v.l.n.r.): Ina Brunk, Michael Vollmann, Matthes Scheinhardt, Sven Tantau, Till Behnke, Christian Vollmann

Der Anonymität entgegenwirken

Vor ein paar Jahren ist mir aufgefallen, dass ich schon lange in meiner Nachbarschaft lebe und keinen Nachbarn persönlich kenne. Das hat mich geärgert, das wollte ich ändern!

Christian Vollmann wuchs mit seinem Bruder Michael im fränkischen Dorf Dormitz auf. In seiner Wahlheimat Berlin fehlte ihm manchmal die Dorfgemeinschaft. Ein Schwätzchen beim Bäcker, spontane Hilfe im Garten? Eine Seltenheit. Also startete Christian den Selbstversuch: Er ging von Tür zu Tür, klingelte bei seinen Nachbarn und fragte, ob sie Interesse hätten, sich besser untereinander kennenzulernen und zu vernetzen. Die Nachbarn reagierten mit großem Interesse; viele fanden es schade, dass man sich kaum noch kennt.

Da ist mir klar geworden, dass viele Leute den Wunsch haben, wieder mehr Gemeinschaft in die Nachbarschaft zu bringen.

Keine Angst vor Digitalisierung

Dass mehr Gemeinschaft auch mithilfe des Internets möglich ist, stellt für Christian Vollmann keinen Widerspruch dar. Im Gegenteil: Er sieht das soziale Netzwerk nebenan.de als Mittel zum Zweck, um sich offline besser kennenzulernen. Dass das funktioniert, sieht er an den vielen schönen Begegnungen, die täglich über nebenan.de zustande kommen.

„Es geht darum, dass man gemeinsam etwas unternimmt, sich zusammen um die Nachbarschaft kümmert und mehr aufeinander achtgibt. Wenn man das tut, entsteht wieder ein Gefühl von zu Hause. Ein Gefühl, das uns oft abhanden gekommen ist.“

Viele soziale Medien verstärken den Drang zur Selbstdarstellung und werden von Hate Speech überflutet. Bei nebenan.de ist das Gegenteil zu beobachten: Nachbarn begegnen sich höflich und im Fokus steht die Hilfe für andere, nicht das Ego. Christian ist überzeugt: Richtig eingesetzt können digitale Mittel einen wichtigen Beitrag für mehr Mitmenschlichkeit und gegen die Spaltung der Gesellschaft leisten. Sowohl in der Stadt, als auch auf dem Land.

Ich möchte Mut machen, dass wir das Internet nicht nur als Gefahrenquelle wahrnehmen. Sondern zeigen, dass es die Gesellschaft auch offener und gerechter machen kann.

Gründer Christian Vollmann im Büro von nebenan.de (Bild: nebenan.de / JFR Creatives)

Ein digitales Tool für lokales Engagement

Als nächsten Schritt möchte Christian Vollmann die Plattform nebenan.de auch für lokale Organisationen, Vereinen und kommunale Akteure öffnen, die sich bereits in Nachbarschaften engagieren. Durch die so genannten „Organisationsprofile“ können diese gemeinnützigen Organisationen ein offizielles Profil auf nebenan.de anlegen und die Nachbarn über ihre Angebote informieren. So sollen Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement im Viertel weiter gestärkt und auch kleinen Vereinen ein Tool zur Digitalisierung ihrer Quartiersarbeit an die Hand gegeben werden.

Die Organisationsprofile werden u.a. bereits erfolgreich von der Stadt Hannover, dem Berliner Bezirksamt Lichtenberg sowie in Projekten der Städte Dortmund und Leipzig eingesetzt und von rund 300 kleineren Vereinen und Organisationen genutzt. In Kürze werden die Organisationsprofile deutschlandweit verfügbar sein.

Der Blick in die Zukunft

nebenan.de soll es auch in 30 Jahren noch geben!“ sagt Christian Vollmann. Doch das wird nur möglich sein, wenn sich die Plattform in absehbarer Zukunft aus eigener Kraft finanzieren kann. Denn derzeit werden die Kosten und Gehälter der rund 40 Mitarbeiter im Berliner Büro noch über Investorengelder gedeckt.

Christians Vision: In Zukunft soll die Plattform auch für lokales Gewerbe geöffnet werden, die ihre Nachbarschaft gegen eine Gebühr auf sich hinweisen können. „So wie früher der Bäcker, Metzger und der Buchladen um die Ecke auch fester Teil der Nachbarschaft waren.“ Damit will Christian Vollmann den „Shop Local“-Gedanken stärken und dem Einzelhandel, der zunehmend unter der Konkurrenz der großen Online-Shops leidet, zu mehr Sichtbarkeit in der direkten Umgebung verhelfen. Er will den Nachbarn zeigen, dass viele Dinge und Dienstleistungen oft nur einen Katzensprung entfernt erhältlich sind und der Weg zum lokalen Händler oft sogar kürzer ist als der zur nächsten Postfiliale, um das bestellte Paket abzuholen.

Die gesamte Nachbarschaft zu stärken und näher zusammenrücken zu lassen – daran arbeitet das sechsköpfige Gründerteam bei nebenan.de jeden Tag. Christian Vollmann freut sich, dass die magische Zahl der aktiven Nachbarn auf seinem Bildschirm weiter in die Höhe klettert und so viele Nachbarn, wie er selbst damals, plötzlich ihre Nachbarschaft wiederentdecken.


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Hannah Kappes | nebenan.de

Hannah Kappes arbeitet seit 2017 im Kommunikationsteam von nebenan.de. Zuvor war sie als Journalistin und Producerin für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk tätig.