Gemeinschaft

Mit Nachbarn auf Reisen: Hans-Peter erfüllt sich in Italien einen Traum

Bild: Iris Hübner Benninghoff

Mit den Nachbarn verreisen? Wie gut das klappen kann, erzählt Hans-Peter aus München. Er macht mit seinen Nachbarn einen Kurztrip nach Italien, um sich einen lang ersehnten Traum zu erfüllen. Ein Gastbeitrag.

Seit es die Schwabinger SeeLeute Nachbarschaft von nebenan.de gibt, war es mein Traum, mit unserer nebenan-Stammtischrunde einmal eine Reise zur "Fiesta di cinghiale" - zum Wildschweinessen nach Italien in die Euganeischen Hügel zu machen.

Diesen Sommer wurde mein Traum Wirklichkeit. Ich stellte einfach eine entsprechende Veranstaltung bei nebenan.de ein und nach wenigen Tagen waren etwa 10 Nachbarn bereit, mir in "das Land, wo die Zitronen blühn" zu folgen.

Die Gegend kannte ich zwar seit Jahrzehnten wie meine Westentasche, die Nachbarn allerdings, mit einer Ausnahme, bei weitem nicht so lange. Manche lernte ich erst am Abfahrtstag persönlich kennen.

Am Ende war es eine Reisegesellschaft von 8 Frauen, von 50plus bis 80 plus und zwei Männern, beide Bestager, verteilt auf zwei Fahrzeuge. Natürlich fiel uns Männern der Fahrerjob und rechnerisch jedem vier Frauen zu. Keine schlechten Voraussetzungen für eine Urlaubsfahrt.

Schon bei der Ankündigung der Reise legte ich zwar eine Route fest, und auch unsere Unterkunft, ein "Agriturismo", der so etwas wie Ferien auf dem Bauernhof ist, war fix gebucht. Aber der einzige Programmpunkt, der feststand, war das große Wildschweinessen auf unserem Weinbauernhof, das man sich am besten als modernes Wildschweinmahl à la Asterix und Obelix vorstellt. Allerdings endete der Barde nicht gefesselt, sondern hochgeschätzt.

Da wir samt An- und Abreise nur 3 Tage unterwegs waren, war das Programm prall gefüllt. Die Erwartungen der Teilnehmer waren sehr unterschiedlich. Für manche war es eine Reise zurück in Erinnerungen an fast vergessene Zeiten, für die anderen eine Entdeckungsreise in das unbekannte und touristenfreie Italien. Diesen unterschiedlichen Ansprüchen gerecht zu werden, war die eigentliche Herausforderung der Reise. Aber alle vereinte das gemeinsame nachbarschaftliche nebenan-Gefühl.

Damit die Reise nicht ganz zu einer sturen Pauschalreise wurde, sondern, soweit als möglich, den Wünschen der einzelnen Teilnehmer entgegenkam, wurde über die Besichtigungsstationen und die jeweilige Aufenthaltsdauer mehrheitlich abgestimmt. Dieses Konzept hatte sich bewährt und so hatte jeder Teilnehmer ein wenig das Gefühl einer mitbestimmten Individualreise.

Auch gab es ja das Angebot, dank zweier Autos durchaus getrennte Besichtigungen zu machen, wovon aber, vielleicht genau deshalb, niemand Gebrauch machen wollte. An den verschiedenen Orten allerdings ging jeder seinen individuellen Besichtigungswünschen nach. So waren trotz der großen Hitze und des vollen Programms alle Nachbarn sehr entspannt.

Chioggia: Malerisches Kleinvenedig ohne Touristenströme (Bild: Iris Hübner Benninghoff)

So ging es los über den Brenner und Südtirol an den Gardasee, wo die erste Station Lazise mit seiner historischen Stadtmauer und dem winzigen Hafen war. Vorbei an Verona war das nächste Ziel Vicenza.

Dort verzichteten wir auf die Stadtbesichtigung und warfen stattdessen einen Blick von oben von der Chiesa Monte Berico auf Vicenza und die Villa Rotonda, die schon Goethe in seiner "italienischen Reise" bewunderte. Strategisch günstig geparkt zwischen Rotonda, wo wir einen wunderbaren Blick auf die architektonische Gesamtkonzeption hatten und der Villa Valmarana mit der Fülle der Tiepolofresken, konnten wir mit einem Stop beide Villen besichtigen.

Als "Zuckerl" für die Disziplin der Reisenden gab es zur Stärkung einen Abstecher zu einem Geheimtipp, einer unterirdischen runden Bar mit einem Gewölbe aus dem 17. Jahrhundert, bevor wir uns nach weiteren 20 Minuten in einer Weinkellerei im Schatten einer alten Villa aus Palladiozeiten einer ausführlicheren Weinprobe hingaben. Erschöpft und zufrieden erreichten wir in italienischer Hitze dann zu Fuß unsere Unterkunft. Das Abendessen gab es in einer einsamen aber sehr gepflegten Trattoria.

Der ersehnte Wildschweintag brach an. Seit 3 Uhr morgens schon war das Schwein auf dem Grill, wie uns die Hausleute stolz erzählten. Wir hingegen fuhren los Richtung Chioggia, ein wahres Kleinvenedig und ans Meer, in ein Naturschutzgebiet abseits vom Teutonengrill. Eine Nachbarin blieb in Chioggia, während der Rest die badewannenwarme Adria direkt an der Brentamündung vorzog. Zurück in Chioggia sammelten wir unsere Nachbarin wieder ein und bummelten kurz durch das Zentrum, um uns dann auf den Heimweg zu machen.

Da die Besichtigung des Hügels mit den sieben Kirchen in Monselice, ähnlich unseren Kreuzwegkapellen, der besondere Wunsch einer Nachbarin war, taten wir ihr den Gefallen eines Zwischenstopps, trotz hoher Temperaturen. Zur Belohnung, die wir uns dafür gönnten, ging es dann über eine abenteuerliche Straße, die nur das Navigationssystem kannte und so steil und eng war, dass manchem bange wurde, zu einer atemberaubenden Aussicht auf den Gipfel eines der Vulkanhügel in ein Ausflugslokal mit schattiger Pergola.

Nach einer Stärkung wurde in der palladianischen Weinkellerei Wein für zuhause gekauft und anschließend gab es endlich die verdiente Siesta vor der Fiesta. Das Wildschwein war schon gar und die Tafel wie aus einer Italienwerbung festlich gedeckt.

Zu Beginn der Fiesta durfte ein nebenan-Gruppenfoto nicht fehlen. Das Essen, der Wein und die Stimmung übertrafen alle Erwartungen. Zufrieden und erschöpft ließen wir mit einem Tänzchen und Schwätzchen mit dem Hausherrn den Abend ausklingen.

Nach einem Abschiedsfrühstück und einem ausführlichen Abschied mit unseren Gastgebern ging es Richtung Heimat. Erste Station war Padua, wo die einen am Grab des heiligen Antonius um Hilfe baten, andere auf Fotosafari gingen und wieder andere die Fülle des Wochenmarktes am Prato della Valle genossen.

In der Mittagshitze besichtigten wir Cittadella, ein wahrer Geheimtipp vor den Alpen mit einer vollständigen und imposanten Stadtmauer mit intaktem Wassergraben, wo es auf dem von der Hitze verwaisten Stadtplatz eine Kaffeepause gab.

Der letze Aufenthalt war Bassano del Grappa, das Herz des Grappas am Fuße der italienischen Alpen. Von der Ponte degli Alpini hatte man einen wunderbaren Blick auf die Alpen und kleine Bars luden zum Verweilen ein. Über die Valsugana eine unbekannte, aber bequeme Alpenstraße ging es quer durch Alpenschluchten, vorbei an Burgen und Seen über Trento zurück nach München.

Traf man Teilnehmer der Reise Tage später auf der Straße, so waren sie in Gedanken immer noch in Italien. Ein wunderbarer gemeinschaftsbildender Ausflug, der zum Wiederholen einlädt.

HP Bergmann

Hans-Peter Bergmann | Engagierter Nachbar

Hans-Peter aus München ist nebenan.de Nutzer der ersten Stunde und berichtet in seinen Gastbeiträgen von den Erlebnissen mit seinen Nachbarn.