Gemeinschaft

So rührend verabschiedet eine Nachbarschaft ihren Postboten in den Ruhestand

Bild: Jutta G.

Der Postbote Herr Neumann ist die „gute Seele“ der Nachbarschaft. An seinem letzten Arbeitstag soll er gebührend in den Ruhestand verabschiedet werden. Dafür organisiert Jutta eine Überraschungsaktion, die alle Erwartungen übertrifft.

Jutta und Bernd aus Düsseldorf (Bild: privat)

Schon seit 15 Jahren bekommt Jutta ihre Post von Herrn Neumann. Wie viele ihrer Nachbarn im Düsseldorfer Zooviertel hat Jutta den Briefträger ins Herz geschlossen:

„Er war viel mehr als nur der Postbote. Er hatte immer Zeit für ein Gespräch, er kennt die Namen und die Lebensgeschichte von allen hier im Viertel“.

Als Herr Neumann mit 65 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand gehen soll, findet Jutta: „Wenn schon, dann richtig!“

Die pensionierte Lehrerin spricht mit ihrem Mann Bernd und ein paar Nachbarn über die Idee, ein kleines Abschiedsfest für Herrn Neumann auszurichten. Alle sind hellauf begeistert: „Mach das, auf jeden Fall!“ Gesagt, getan.

Den Abschied planen – online und offline

Jutta meldet sich beim Nachbarschaftsnetzwerk nebenan.de an, um möglichst viele Nachbarn für die kleine Aktion zu gewinnen.

Mein Mann war schon vor mir dort angemeldet, daher wusste ich, wie es läuft. Für die Verabschiedung dachte ich: ‚Jetzt will ich auch zu nebenan.de!‘

Auf nebenan.de schreibt Jutta in ihrem Beitrag:

„Liebe Nachbarn! Seit sehr vielen Jahren bringt uns unser Postbote, der Herr Neumann, jeden Tag zuverlässig unsere Post. Er ist immer gut gelaunt und hat für jeden ein nettes Wort. Jetzt geht er in den Ruhestand. Der 23.6.2018 ist sein letzter Tag. Ich meine, dazu hat er einen Abschiedsgruß verdient. Wer hat Lust und Zeit dabei zu sein, beziehungsweise ihn an diesem Tag zu ehren?“

Ihre Nachbarn reagieren mit großem Zuspruch auf Juttas Plan. Mit zwei Nachbarinnen trifft sie sich wenige Tage später zu einem Vorbereitungstreffen. Was könnte Herrn Neumann eine Freude bereiten? Jutta und die Nachbarinnen beschließen, einige Lieder für Herrn Neumann umzudichten. Außerdem hat Juttas Nachbarin die Idee, Abschiedsbriefe von den Nachbarn für Herrn Neumann einzusammeln – „Post für den Postboten“.

So eine Organisation geht mir leicht von der Hand, ich habe jahrelang in meiner Schule solche Sachen veranstaltet, das macht mir Spaß!

Doch damit nicht genug: Jutta und ihr Mann drucken Einladungszettel, die Jutta persönlich in die Briefkästen rund um den Düsseldorfer Schillerplatz wirft. So will Jutta sichergehen, auch die Nachbarn zu erreichen, die nicht bei nebenan.de registriert sind.

Post für den Postboten zum Abschied (Bild: Jutta G.)

Die große Ungewissheit

Die Überraschungsaktion soll an einem Freitagmittag stattfinden. „Ich hatte bis kurz vorher keine Ahnung, ob da überhaupt jemand kommt“, erzählt Jutta. Viele Nachbarn sind berufstätig und einige Tage vorher trudeln die ersten Absagen ein.

Da habe ich ein bisschen die Flatter bekommen. Was ist, wenn wir da nur zu Dritt stehen?

Zahlreiche Nachbarn haben zwar „Post für den Postboten“ und auch kleine Geschenke bei Jutta vorbeigebracht – sogar die Bürgermeisterin. Trotzdem macht sich Jutta Sorgen, dass die Aktion ein Reinfall werden könnte.

Mit Herrn Neumann hat sie Ort und Zeit ausgemacht. Was Jutta zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß: Auch der Briefträger ist nervös, was diese Verabredung an seinem letzten Tag wohl wird…

Abschied mit Pauken und Trompeten

Am Freitag macht sich Jutta mit ihrem Mann und einer Flasche Sekt auf den Weg zum vereinbarten Treffpunkt. Zu ihrer Erleichterung sind schon ein paar Nachbarn da – und es werden mit jeder Minute mehr. Selbst Juttas Tochter hat sich ein paar Stunden von der Arbeit frei genommen. „Wenn Herr Neumann geht, muss ich doch dabei sein“, sagte sie.

Als die Nachbarn versammelt sind, reichen die 20 Liedzettel, die Jutta mitgebracht hat, vorne und hinten nicht. „Jemand hat 80 Leute gezählt! Das hätte ich nie für möglich gehalten", erzählt Jutta begeistert.

Schließlich kommt Postbote Neumann an und traut seinen Augen nicht. All diese Leute sind nur wegen ihm gekommen?

Er war völlig überwältigt und überglücklich! Er hat jeden einzelnen mit Namen begrüßt, so viel Zeit musste sein.

80 Nachbarn kommen, um ihren Briefträger zu verabschieden (Bild: Jutta G.)

Dann singen alle Nachbarn zusammen aus voller Kehle die umgedichteten Lieder: „Hello Goodbye“ von den Beatles, „Heute hier, morgen dort“ und „Muss i denn…“; ein Nachbar begleitet auf der Gitarre. Herr Neumann ist sichtlich gerührt von den warmen Worten.

Doch das musikalische Highlight soll noch kommen: Auch die Trommel-Gruppe der örtlichen Schule ist vor Ort, um eins ihrer Stücke für Herrn Neumann vorzutragen. „Das war großartig! Mit den Schülern waren wir plötzlich gut 100 Leute und die Stimmung wurde mit der Trommel-Musik immer besser!“, erzählt Jutta.

Auch die Trommelgruppe der örtlichen Schule verabschiedet den Postboten (Bild: privat)

„Wann ist das nächste Fest?“

Nachdem Herr Neumann die „Post für den Postboten“ sowie ein kleines Sparschwein von den Nachbarn entgegengenommen hat und der offizielle Teil vorüber ist, bleiben noch viele Nachbarn stehen und bedanken sich bei Jutta für die Organisation. So ungezwungen und ausgelassen kommen Juttas Nachbarn selten zusammen. „Die wollten alle gar nicht gehen und haben schon gefragt, wann das nächste Event stattfindet“, lacht Jutta.

Bei nebenan.de veröffentlicht Jutta einen kleinen Rückblick für die Nachbarn, die nicht dabei sein konnten:

„Es war ein wunderbarer Tag, der alle meine Erwartungen übertroffen hat. (…) Herr Neumann war sichtlich gerührt und konnte sich gar nicht oft genug bedanken. Die Stimmung war sehr fröhlich, alle haben kräftig gesungen und es gab viele gute Wünsche an den Herrn Neumann. Auch sehr viele Briefe und kleine Geschenke und Ulrike hat ein richtig fettgefüttertes Schwein überreicht. Also, alles in allem eine gelungene Sache. Wir bedanken uns herzlich für all die netten Rückmeldungen und die unglaublich zahlreiche Teilnahme.“

Jutta wünscht sich, dass es in Zukunft öfter einen Anlass gibt, zusammen zu singen, zu lachen und zu feiern. „Herr Neumann hat auch immer die Nachbarn im Viertel zusammengebracht. Man stand zum Klönen zusammen auf dem Bürgersteig und kam mit fremden Nachbarn ins Gespräch. Ich würde mich freuen, wenn wir das in seinem Sinne aufrechterhalten.“

Die nächste Idee für ihre Nachbarschaft hat Jutta schon: Sie würde gerne eine lange Tafel im Viertel aufbauen, an der sich alle Nachbarn zum Essen treffen. „Wir haben hier überall so kleine Mäuerchen, auf die man sich setzen kann. Dann müssen die Nachbarn nur noch einen Tisch und Essen mitbringen, fertig ist das Fest!“

Juttas „Mäuerchen-Idee“ muss noch etwas reifen – aber die Nachbarn in ihrer digitalen und analogen Nachbarschaft sind bestimmt beim nächsten Fest wieder dabei.


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Hannah Kappes | nebenan.de

Hannah Kappes arbeitet seit 2017 im Kommunikationsteam von nebenan.de. Zuvor war sie als Journalistin und Producerin für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk tätig.